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Mit dem Kajak nach Sibirien

Als mein mongolischer Freund Zolkhuu seinem Onkel von meinem Vorhaben erzählt, schüttelt dieser nur den Kopf. Er warnt mich, vorsichtig zu sein. Wölfe und Wildschweine seien nicht ungefährlich. Mir selbst gibt der unbekannte Fluss mehr zu denken. Aber es ist zu spät. Auch wenn mir etwas unwohl ist, werde ich am nächsten Morgen starten.

Nachdem der Stoff über das Holzgerippe gezogen ist und die letzten Schrauben fixiert sind, ist das Boot fertig zur Abfahrt.
Ich fahre in die Mitte des Flusses, winke noch ein letztes Mal. Langsam schaukelt mich der Fluss vorwärts. Meine Freunde verschwinden hinter einer Flussbiegung. Kurz danach sind auch die letzten Anzeichen von Zivilisation passé. Ich befinde mich auf dem Fluss Selenga, im Norden der Mongolei. Alleine in einem blauen Faltkajak paddle ich dem Abenteuer entgegen.
Zwar, so scheint es mir, bieten Inseln als Schlafplatz einen guten Schutz, vor allem möglichen Getier. Ist die Insel aber zu klein, kann es leicht sein, dass ich mich Mitten in der Nacht im Wasser wiederfinde. Um das zu vermeiden, ist es wichtig, den Platz für eine Übernachtung gut auszuwählen.
Ich hebe das Kajak aus dem Wasser und baue das Zelt auf, als auf einmal ein eigenartiges Geräusch aus dem hohen Gras die Inselidylle durchdringt. Ich starre in Richtung des Gebüschs. Das Gras bewegt sich. Ich erinnere mich an die Warnungen vor meiner Abfahrt. Es gibt keinen Ausweg. Mit dem Gaskocher bewaffnet warte ich ab.

Nachdem ich die Grenze nach Russland überquert habe, geht es weiter bis nach Ulan Ude. Die Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Bunte Paraden, Konzerte und Feuerwerke. Es wird das Jubiläum der Stadt gefeiert.
Hier bekomme ich Gesellschaft im Kajak. Meine Freundin steigt in Ulan Ude zu und zu zweit geht es weiter. Der Fluss ist inzwischen zu einem mächtigen Strom geworden. Die Natur zeigt sich in ihren prächtigsten Farben.
Als die Selenga ihr Ziel, den Baikalsee erreicht, ist es an der Zeit das Boot zu verlassen, denn auch der Herbst hält langsam Einzug im Land. Mit dem Zug geht es jetzt weiter nach Osten und anschließend wieder zurück in die Heimat, bevor der sibirische Winter das Land erobert.

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